Merry Christmas and Bye Bye 2020
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und es beginnt die Zeit, in der man sich Gedanken macht, was alles passiert ist, was man alles erlebt und gesehen hat. Wofür bin ich dankbar und was könnte besser laufen. Man beginnt sich zu überlegen, was man sich für Ziele für das kommende Jahr setzt, wie das neue Jahr aussehen sollte und welche Wünsche man hat.
Das Jahr 2020 war definitiv kein einfaches, normales, vorhersehbares Jahr, mit vielen Einschränkungen und Regeln, ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Ein Jahr, wie kein anderes mit unberechenbaren Monaten und sozialer Isolierung für viele Menschen. Das Jahr hat uns gezeigt, was es bedeutet einmal nicht der Bestimmer zu sein, nicht die Kontrolle zu haben und alles machen zu können, nur nicht das, was man immer macht. Das Jahr hat gezeigt, wie wichtig es ist, für einander da zu sein, sich zu unterstützen, sich mit einem selber auseinander zu setzen und zu beschäftigen, nicht immer nach dem Weiter, Höher, Schneller zu streben, sondern Geduld auszuüben und mit dem zufrieden zu sein, wo man ist und was man hat.
Weihnachten und Silvester wird für uns dieses Jahr auch ganz anders werden. Zu zweit, ohne Familie, in London und ich mit einer großen Babykugel auf heißen Kohlen sitzend. Aber anders heißt nicht immer schlechter und somit freuen wir uns sehr auf das Fest der Liebe.
All dies gab mir auch die Möglichkeit eine komplette Vorweihnachtszeit in London mit zu erleben und kennen zu lernen. Ok, es ist nicht die typische Weihnachtszeit, da die Weihnachtsmärkte, die Outdoor Schlittschuheisbahnen und die Christmas Partys ausfallen, aber die Atmosphäre, Lichter und Traditionen sind trotzdem vorhanden und ich kann definitiv sagen dass die Weihnachtstage hier anders sind als in Deutschland.
Let’s go...
24. Dezember
Unser heiliger und wichtigster Weihnachtstag wird hier noch voll und ganz als Vorbereitungstag genutzt. Die letzten Einkäufe werden getätigt, Geschenke eingepackt, Plätzchen gebacken und die großen Weihnachtsstrümpfe „Christmas Stockings“ werden noch von den Kindern so im Haus auf gehangen, dass auch Santa Claus diese leicht finden und dann mit Geschenken reichlich füllen kann.
Kleine Kinder, welche einen Wunschzettel an Santa Claus geschrieben haben, verbrennen diesen am 24. Dezember im Kamin. Somit kann der Weihnachtsmann den Rauch sehen und die Wünsche lesen. Anhand dessen, weiß er wer sich was wünscht und kann die richtigen Geschenke im „Strumpf“ platzieren.
Wer nicht die Möglichkeit hat seinen Wunschzettel zu verbrennen, kann diesen auch direkt an Santa Claus per Post schicken. Die Royal Post gibt Kindern die Möglichkeit ihren Brief an den Weihnachtsmann zum Nordpol zu senden und er soll auch angeblich immer zurückschreiben. Wie cool ist es eine Antwort von Santa Claus persönlich zurück zubekommen? Alleine seine Adresse finde ich schon zuckersüß:
Santa/Father Christmas, Santa's Grotto, Reindeerland, XM4 5HQ.
25. Dezember – Christmas Day
Weihnachten wird hier am 25. Dezember gefeiert. Das ist auch der einzige Feiertag wo alles still steht und geschlossen ist. Sogar die öffentlichen Verkehrsmittel verkehren nicht und die Mitarbeiter haben alle frei. Bis auf vereinzelte Taxi- und Uberfahrerer fahren zu einem etwas teurerem Preis durch London, heißt also: Zuhause bleiben!
Und das machen auch die meisten Engländer, denn sobald man am Morgen aufwacht, werden erst einmal die auf gehangenen Strümpfe inspiziert und geschaut was alles Santa Claus reingelegt hat. Hier findet man meistens viele Kleinigkeiten, wie Mandarinen, Nüsse, Minispielzeuge, Schokolade usw. Erst danach widmet man sich den großen Geschenken welche unter dem Tannenbaum liegen.
Das Christmas Dinner findet meist in großer Runde statt. Familie, Freunde und manchmal auch Nachbarn sind eingeladen und beginnen das große Festmahl bereits am Mittag zu genießen. Das klassische Weihnachtsessen besteht aus leckerem, saftigen Truthahn mit Kartoffeln und Rosenkohl, dazu Karotten und einer Soße. Zum Nachtisch gibt es immer ein Christmas Pudding, ein Schichtdessert „Fruit Trifle“ oder ein Mince Pie.
Schaut gerne mal hier vorbei, welcher Nachtisch wie genau aussieht und gebacken wird…
Christmas Pudding
Fruit Trifle
Mince Pie
Auf keinen Fall darf man am Nachmittag um 15 Uhr die Rede der Queen verpassen. Ihre Weihnachtsbotschaft beinhaltet immer wichtige Ereignisse die gerade passiert oder im Laufe des Jahres passiert sind. Die traditionelle Weihnachtsrede verliest die heutige Queen bereits seit 1952, welche seit 1957 auch im Fernsehen übertragen wird. In ganz England läuft somit am Nachmittag für 10 Minuten das Radio oder der Fernseher.
Sobald das große Essen vorbei ist und vielleicht der ein oder andere der Gast sich auf den Heimweg macht, trinkt man gerne am Nachmittag noch einen Christmas Afternoon Tea. Wer mag und noch oder wieder Hunger hat, kann hierzu etwas Schinken, Käse, kleine Sandwiches oder eher kleine Süßspeisen essen.
Ich würde hier wahrscheinlich platzen und kein Bissen mehr runter bekommen, aber das gehört nun mal zu Weihnachten auch dazu oder? Essen bis man platzt.
26. Dezember – Boxing Day
Der 26. Dezember ist zwar ein Feiertag, aber es ist ganz schön viel los und man hat jede menge an Aktivitätsmöglichkeiten.
Zum einen haben die Geschäfte wieder geöffnet. Am frühen Morgen öffnen diese ihre Türen, bieten unfassbare Rabattaktionen und stark reduzierte Preise an und locken so die Menschen wieder zurück in die Stadt. Die ersten Geschenkgutscheine werden bereits eingelöst. Viele Geschäfte erzielen an diesem Tag ihren umsatzstärksten Tag. Katsching $$$
Zum anderen ist dieser Feiertag bekannt für seine Sportarten. Hier gibt es keine Winter oder Spielpause. Jedes Pub ist proppenvoll gefüllt mit biertrinkenden Menschen (meist Männern), welche mit ihren Freunden Fußball, Rugby oder Pferderennen verfolgen.
Die englische Fußball-Premier League hat immer am Boxing Day einen Spieltag (Englische Woche).
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts rollte auf der Insel der Ball an Weihnachten. Bis in die 1950er-Jahre wurde am Christmas Day ein kompletter Spieltag ausgetragen. Der heutige Zweitligist FC Brentford soll damals mit dem sexistischen Motto geworben haben: "Männer gehen zum Spiel, während die Frauen in der Küche kochen." Denn nach dem Stadionbesuch gab es eigentlich erst das Festmahl. Aus logistischen Gründen wurde das jedoch abgeschafft, denn Mitarbeiter im öffentlichen Nahverkehr am 25. Dezember frei bekamen, fuhren Busse und Bahnen nicht mehr. Also wich man auf den zweiten Feiertag aus, an dem seit 1966 regelmäßig gespielt wird.
Die Engländer finden aber auch immer ein Grund zum Feiern und zum Bier trinken!
Wer es lieber weiterhin gemütlich haben möchte am Boxing Day, der verbringt weiterhin den Tag zuhause, futtert die Reste vom Christmas Day, freut sich über seine Geschenke, begutachtet und probiert diese aus und genießt den Tag mit einem, meist aufwendig dekorierten, Christmas Cake.
Was bedeutet eigentlich „Boxing Day“? Geboxt und verkloppt wird hier auf jeden Fall keiner, naja außer das Bier war schlecht, das gewünscht Tor ist nicht gefallen und einer hat zu laut gelacht im Pub.
Übersetzt heißt der Tag „ Geschenkschachtel-Tag“ und gilt laut Tradition früher den Bediensteten. Die, die ihre Herrschaft am 25 Dezember bedient haben, hatten am nächsten Tag frei um Weihnachten mit ihrer Familie zu verbringen. Als Dankeschön bekamen sie Boxen mit Süßigkeiten, Geschenken, Weihnachtsgeld und auch manchmal noch übrig gebliebenes Essen vom Festtag von den Dienstherren.
Fällt dieser übrigens auf ein Samstag oder Sonntag, dann haben wir am darauf folgenden Montag noch zusätzlich frei, sowie dieses Jahr. Heißt in England wird nie ein Feiertag verschwendet. Feiertag heißt frei haben und nicht „Pech gehabt ist halt Weekend!“ Natürlich haben nur die frei, die einen typischen Montag-Freitag Job haben, also nicht Angestellte in normalen Geschäften. Feiertag hat halt hier eine andere Definition.
Verrückt, verrückt.
Merry Christmas!
Ich wünsche euch allen ein ruhiges und entspanntes Weihnachten mit viel Essen, leckeren Getränken, süßen Nachspeisen und vielen gemütlichen Stunden im Pyjama auf der Couch mit tollen Weihnachtsfilmen.